Die vergessene Post

Die vergessene Post

Viele kennen die folgende Situation oder können den Bogen zu selbst erlebtem spannen: Die Sekretärin geht nach Hause, die Post ist noch da. Die zu versendenden Angebote und Rechnungen liegen morgens noch auf dem Schreibtisch, der Chef Herr Müller kommt herein. Er sieht den Stapel natürlich sofort und hakt direkt nach: „Warum ist die Post noch da? Sie wissen doch, dass die dringend raus müssen!“ Die „Warum“-Frage bugsiert die Fehleranalyse jedoch in die Sackgasse, nicht nur in dieser Situation, sondern immer. Es ist eine Frage die eine klare Rollenverteilung schafft: „Warum“ impliziert nicht nur Verantwortlichkeit, sondern immer auch die Schuld. Es ist eine Frage die jemand stellt, der ob des absurden Verhaltens seines Gegenübers ungläubig die Motive hinterfragen muss: Die Mutter, die fragt warum man seine neue Hose aufgerissen hat oder der Kommissar, der den geständigen Verbrecher fragt, warum er denn nur diese schrecklichen Taten begangen hat. Die Sekretärin steht nun mit dem Rücken an der Wand und wird genau so antworten, wie es die ihr so unangenehme Situation diktiert. Klassisch kommt nun die Ausrede, wechselseitige Schuldzuschreibungen oder Rechtfertigungen. Möglicherweise ist die Dame sogar keck genug den Doppelpass zu spielen: „Nun, sie wollten doch gestern unbedingt erst diese ganz dringende Sache erledigt haben.“ Egal wer das Wortgefecht gewinnt, geholfen ist niemandem. Herr Müller weiß nach wie vor nicht, warum seine sonst so zuverlässige Vorzimmerdame die Post hat liegen lassen und Herr Müllers Sekretärin ist den restlichen Tag im Energiesparmodus, grübelnd über diese so unangenehme Gesprächssituation.

Um zu verstehen was hier passiert ist muss man einen Blick hinter die Kulissen werfen. Herr Müller hat mit seiner „Warum-Frage“ Dampf abgelassen und ein wenig im Nebel herumgestochert. Er hat einen Schuldigen gefunden, keine Lösung. Für manche mag sein Verhalten nach einer verständlichen Reaktion klingen, aber mit qualifizierter Ursachenforschung und guter Führung hat das nichts zu tun. Die Sekretärin, die den Fehler natürlich nicht vorsätzlich begangen hat, hat Angst ihn erneut zu begehen. Das Paradoxe dabei ist, dass genau diese Haltung die Wahrscheinlichkeit, den Fehler erneut zu begehen immens steigert. Unterm Strich sind beide Parteien am Ende dieses Szenarios verärgert, geholfen ist allerdings niemandem.

Wenn Herr Müller vor diesem Szenario schon gewusst hätte, wie man einen Fehler in einen Helfer verwandelt, wäre das nicht passiert. Zwei kleine Fragen hätten bereits das Ergebnis der geschilderten Situation maßgeblich verbessert. Die eine Frage sucht nach Ursachen im Kontext und die andere im Persönlichen:

Was fehlt hier?

Was fehlt dir?

Beide zeigen dem Gesprächspartner dabei, dass ihm Vertrauen entgegengebracht wird. Er wird nicht entmündigt, die Initiative bleibt bei ihm. Er ist nicht nur Teil der Lösung, er ist die Lösung – nicht das Problem. Eine gute Fehlersuche und Aufarbeitung ist ein entscheidender Faktor überall, wo Menschen zusammenarbeiten. Dieser kleine Teilbereich ist einer von zahlreichen Handgriffen, wie Sie diesen Prozess verbessern und zu einem positiven Arbeitsklima beitragen können. Wenn Sie mehr zu dem Thema erfahren wollen, empfehle ich Ihnen unser www.Fehlerhelfer.de/anregungen. Machen wir die Fehler zu Helfern!

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